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                                                              Pirmasens zeigt sich beim Rheinland-Pfalz-Tag von der Schokoladenseite

Pirmasens hat es geschafft - und zwar mit Bravour. Drei Tage lang wurde mit vielen Gästen aus nah und fern gefeiert: Rheinland-Pfalz-Tag und 250. Geburtstag. Stolz haben Stadt und Bürger gezeigt, wie gut sich vieles entwickelt hat. Der traditionelle Festumzug gestern Nachmittag war das Sahnehäubchen.

Pirmasens. In der Hofeinfahrt der Di Ponios steppt der Bär. Bierzeltgarnituren sind aufgebaut, ein Grill wurde angeworfen, eine Sektflasche macht die Runde. Vor wenigen Tagen haben sich Friseurin Heike Di Ponio und ihre Familie entschlossen, während des Umzugs beim Rheinland-Pfalz-Tag Party zu machen. Mit Freunden - und jeder bringt was mit. Feiern sie doch in der allerersten Reihe, weil der Zug direkt an ihrem Haus in der Blocksbergstraße vorbeizieht. So mancher Umzugteilnehmer nutzt die Gunst der Stunde und lässt sich gern auf ein Gläschen einladen. Gerade sind es die Pater aus dem Landkreis Kusel ...

Nächstes Jahr wird Pirmasens den Zug anführen. Diesmal ist es Ingelheim, Gastgeberin 2012, vertreten durch die ”Rotwoigeister” und Rotweinprinzessin Julia samt Band. Getragen geht es dabei zu, ein bisschen zu sehr vielleicht, denn eine schmissigere Melodie würde es den Pirmasenser Cheerleadern leichter machen, ihre silbernen Puschel zu schwingen. Andererseits werden die Haflinger ”Ronny” und ”Nico” auf diese Weise nicht zu sehr irritiert, müssen sie doch die Landgrafenkutsche ziehen. Dann läuft plötzlich eine La Ola durch die Zugteilnehmer vom Carnevalverein Pirmasens, und das Mitmach-Museum Dynamikum belegt zusätzlich mit einem Riesenball: ”Pirmasens bewegt seit 250 Jahren”.

Viele Fenster sind entlang der 2,7 Kilometer langen Zugstrecke besetzt, manche Besucher haben sich ihre eigene ”Ehrentribüne” mitgebracht. Einen Abschleppwagen zum Beispiel, auf dessen Rampe sich in bequemen Sesseln auch von weiter hinten alles bestens verfolgen lässt. Vor allem dann, wenn die Musikkapelle der Großregion gerade stehenbleibt und nicht nur fetzig aufspielt, sondern dazu auch noch eine ausgefeilte, rhythmisch abgestimmte Schrittfolge zum Besten gibt. Kein Wunder, dass die Musiker mit ihren silber-blauen Helmen samt Kinnband so finster gucken. Das erfordert höchste Konzentration. Respekt, meine Herren!

Für Auge und Ohr wird mit 103 Zugnummern und über 2500 Teilnehmern in der Tat jede Menge geboten - und auch für jeden Geschmack. Sogar manche älteren Knochen werden da gekonnt in Bewegung gesetzt. Sensationell: Eine Zuschauerin, die sich mit einem Luftschlagzeug versucht. Inspiriert wird sie von den Klängen der Marching-Band des Völklinger Fanfaren-Corps. Die Saarländer haben die Sache mit der guten Stimmung halt raus, das wussten wir schon immer.

Dass die Stadt Ludwigshafen - vertreten mit dem etwas verloren wirkenden Damenduo Kurfürstin Elisabeth Augusta/Pfälzische Weinprinzessin - ausgerechnet hinter dem Großaufgebot der Feuerwehren marschieren muss, war vermutlich nicht mehr zu ändern. Wer hätte beim Zug-Arrangement ahnen können, dass einen Tag zuvor ein Großbrand auf der Ludwigshafener Parkinsel ausbricht. Neben Elisabeth Augusta sind im Übrigen viele weitere gekrönte Häupter zu sehen, darunter der Bierkönig und die Braugerstenkönigin aus Kirchheimbolanden.

Weilerbach gehört zu den Zugnummern des Landkreises Kaiserslautern. 800 Jahre wird die Gemeinde dieses Jahr alt, sie feiert also ebenso Geburtstag wie Gastgeberin Pirmasens. Während ihr Motivwagen durch die Schuhstadt rollt, läuft zu Hause die Stichwahl um das Bürgermeisteramt in der Verbandsgemeinde.

Bevor Neuwied als Ausrichterin des Rheinland-Pfalz-Tags 2014 mit einem Großaufgebot einen fetten Schlusspunkt hinter den Festzug setzt, trumpft Landau mächtig auf. Nächstes Jahr wird dort bekanntlich die Landesgartenschau veranstaltet, und die Südpfälzer nutzen die Chance, sich optimal zu präsentieren: Ein grüner Motivwagen, mit einer Art blühendem Schnittlauch geschmückt und darauf echte Stimmungskanonen - eine Herren-Band, bei der den Musikern die Freude am Jazz aus jedem Knopfloch springt.

Während des Umzugs geht es auf den Festmeilen und -plätzen etwas ruhiger zu. Doch nach wie vor streifen viele Gäste an den Infoständen und Bühnen vorbei, manche voll bepackt mit Taschen und Prospektmaterial über den Landkreis Ahrweiler bis hin zur Selbsthilfegruppe für Diabetiker. Drei Tage war auch die Landespolitik viel unterwegs, die jetzt auf der Ehrentribüne vor der Pirminiuskirche den Lindwurm verfolgt.

Einen kleinen Schreck dürfte in dieser Zeit nur Innenminister Roger Lewentz erlebt haben, wurde er doch bereits am Freitag aufgefordert, sein Amt niederzulegen. Nein, nicht etwa, weil überall Fähnchen mit dem Aufdruck ”B 10 - 4spurig jetzt!” zu sehen sind. Nein, das Unfassbare ereignete sich auf der Bühne von Diakonie und protestantischer Landeskirche. Als Lewentz die Charta mit Kinderrechten entgegennehmen will, treten zunächst die Nachwuchs-Rapper auf. Und die brauchen Platz. ”Herr Lewentz, ich sag‘s ungern, Sie müssen zurücktreten”, bittet deshalb Wolfgang Schumacher, der Pressesprecher der Landeskirche ... Eine der unzähligen kleinen Anekdoten, von denen auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer viele erlebt hat und die sie ”immer wieder zum Lachen brachten”, wie sie bei der Abschlusspressekonferenz am Sonntagabend erzählt.

Von einem tollen Fest, das die Pirmasenser zusammengebracht hat und das lange nachwirken wird, spricht bei dieser Gelegenheit der Pirmasenser Oberbürgermeister Bernhard Matheis. Die Stadt und ihre Bürger könnten zu Recht stolz sein. Was das genau bedeutet, hatte am Samstag ein Konzert der besonderen Art auf der kommunalen Bühne gezeigt. 250 Menschen - Jung und Alt und aus allen Schichten - präsentierten den ”Song für Pirmasens” - ein Lied über Toleranz und Zusammengehörigkeit, ein Mutmacher-Stück mit Symbolcharakter.

Von Anke Herbert

Quelle: Die Rheinpfalz

   

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